(NGZ) Vor wenigen Tagen hat der in Grevenbroich ansässige Aluminiumrecycling- und -walzkonzern – einer der größten Arbeitgeber der Stadt – einen Großauftrag an Land gezogen: Das Unternehmen hat einen Rahmenvertrag mit einem großen südkoreanischen Batteriehersteller unterzeichnet, nach dem Speira über mehrere Jahre hinweg das Aluminiumband für Fahrzeugbatterien liefern und so seine Position im Bereich E-Mobilität stärken wird. Das Aluband wird allerdings im Neusser Rheinwerk und bei Alunorf hergestellt. Bei Grevenbroichern wirft das Fragen auf: Denn eigentlich befindet sich die Automobillinie des Konzerns in der Schlossstadt.
Wie kann das sein? Unternehmenssprecher Mauritz Faenger-Montag klärt auf: „Das Produkt – obgleich es schlussendlich in Fahrzeugen zum Einsatz kommt – gehört bei Speira zum Geschäftsbereich Specialties. Am Hauptsitz Grevenbroich prägt der Bereich Automotive die Produktion, auch weiterhin sichtbar durch die 2017 in Betrieb genommene Automobillinie 3.“ In diese Linie, einst von Kanzlerin Angela Merkel eröffnet, hatte der Vorgängerkonzern Hydro 130 Millionen Euro investiert und damit die Kapazitäten für Autobleche auf 150.000 Tonnen vervielfacht.
Speira profitiert weiterhin davon, weil zwei nachhaltige Automobiltrends bedient werden, wie Faenger-Montag ausführt: „Einerseits die wachsende E-Mobilität, andererseits der Trend zu immer leichteren Fahrzeugen, die weniger Sprit oder Strom verbrauchen und entsprechend weniger CO2 verursachen.“ Kurzum: In Fahrzeugen wird heute immer mehr Leichtmetall, also Aluminium, verbaut – es ersetzt schwerere Werkstoffe. „Deshalb erwartet Speira, trotz allgemein schwächelnder Automobilindustrie, für die eigenen Produkte perspektivisch weiteres Wachstum“, sagt Faenger-Montag.
In den Automobillinien in Grevenbroich werden Alubleche für innere und äußere Fahrzeuganwendungen gewalzt und veredelt. Dazu zählen tragende Teile der Karosserie und flächige Außenteile wie Motorhauben und Türen. Kunden sind vor allem deutsche Premium-Hersteller. Es ist allerdings nicht so, dass beispielsweise Autotüren in Grevenbroich gleich in der exakt zum Modell des jeweiligen Herstellers passenden Form gestanzt werden: In Grevenbroich werden die sogenannten Coils, also die riesigen Aluminiumrollen, speziell bearbeitet. Die Bleche werden auf die richtige Stärke gebracht und die Oberflächen veredelt – beispielsweise wird bei bestimmten Bändern eine Topografie aufgetragen, eine feine Oberflächenstruktur, auf der Lacke besser haften, die aber mit dem bloßen Auge nicht zu sehen ist.
Die Ansprüche der Fahrzeughersteller sind in den vergangenen Jahren weiter gestiegen. Zur Qualitätssicherung investiert Speira nach eigenen Angaben laufend in die bestehenden Anlagen. Mauritz Faenger-Montag spricht von signifikanten Summen. In der Automobillinie 2 etwa wurden 2024 die Motoren und Getriebe in der Glühlinie verstärkt und die Ein- und Auslaufprozesse verbessert, so dass im Prozess die Bandlaufgeschwindigkeit optimiert und die Produktivität gesteigert werden konnten.
Vor wenigen Tagen erst hat Speira zudem eine verbesserte Probennahmestation in Betrieb genommen. Coils, die in der Linie 3 weiterverarbeitet werden, werden bemustert, sprich: Es werden Proben genommen; das Material wird mithilfe von Sensorik und auch anhand von Sichtprüfungen auf seine Qualität gecheckt. Die Station wird laut Faenger-Montag aus dem Hochregallager „gefüttert“ – aus dem 31 Meter hohen Querriegel, der das Grevenbroicher Werk nach Südosten hin abschließt.
Speira hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder zur Kreislaufwirtschaft bekannt. Für das Unternehmen ist das aus wirtschaftlichen wie auch aus ökologischen Gründen von großer Relevanz. Für Speira zählt folglich nicht nur das, was aus den Werken heraus-, sondern auch das, was wieder hereinkommt, sagt Stefan Schulze Schwering, Leiter des Geschäftsbereichs Automotive: „Aluminiumschrotte sind für uns als Recycler der wichtigste Rohstoff.“
2024 habe Speira mit einem bekannten deutschen Premiumhersteller eine neue, erweiterte Vereinbarung über Produktionsschrotte schließen können, so Schulze Schwering: Gemeint ist das, was beim Automobilhersteller etwa beim Stanzen oder Schneiden von Fahrzeugteilen abfällt. Speiras Bezug von Produktionsschrotten allein von diesem einen Fahrzeughersteller soll sich durch das neue Abkommen verachtfachen.
INFO
Speira Der Konzern verfügt über insgesamt elf Recycling- und Walzproduktionsstätten in Deutschland und Norwegen.
Geschichte 2021 hatte der Vorgängerkonzern Hydro seine Walzsparte für 1,4 Milliarden Euro https://rp-online.de/nrw/staedte/grevenbroich/grevenbroich-neuss-verkauf-von-hydro-rolled-products-an-kps-capital-partners_aid-56618037“ href=“https://rp-online.de/nrw/staedte/grevenbroich/grevenbroich-neuss-verkauf-von-hydro-rolled-products-an-kps-capital-partners_aid-56618037„> an eine US-Investmentgesellschaft verkauft ; kurz darauf wurde Speira als neuer Name für die Sparte bekannt gegeben.
Recycling Speira recycelt pro Jahr bis zu 650.000 Tonnen Aluminium.
Produktion Dem gegenüber steht nach Unternehmensangaben die Produktion von rund einer Million Tonnen Walzprodukten.
Werke Bedeutende Werke des Unternehmens liegen im Rhein-Kreis Neuss. Speira ist Teil des Joint Ventures Alunorf, das als größtes Aluminiumwalzwerk der Welt gilt. Das Werk in Grevenbroich gilt als das größte Veredelungswerk der Welt.
Mitarbeiter Am Hauptsitz Grevenbroich zählt der Aluminiumkonzern rund 1600 Mitarbeiter.