(NGZ) Mal eben am Sonntagmorgen zum Büdchen, weil das Öl fürs Spiegelei fehlt? Schön wär’s. In Grevenbroich geht das nicht mehr. Hintergrund ist nicht etwa eine neue Regel, die sich die Stadt ausgedacht hätte, sondern die konsequente Anwendung des Ladenöffnungsgesetzes NRW, nach dem Kioske sonntags nur fünf Stunden öffnen dürfen – und das auch nur, wenn sie ein typisches (sehr begrenztes) Kiosk-Sortiment vorhalten. Das Ordnungsamt hat nun 27 Büdchen stadtweit einen Besuch abgestattet. Unangekündigt.
Bei der Kontrolle am vergangenen Sonntag sind insgesamt zwölf Verstöße festgestellt worden, wie Rathaussprecher Lukas Maaßen auf Anfrage unserer Redaktion erklärt. Die Verwaltung verweist auf die bestehende Rechtslage: „Die Stadt achtet darauf, die gesetzlich geschützte Sonn- und Feiertagsruhe zu wahren, gleichzeitig aber die Betreiber frühzeitig zu informieren und gegebenenfalls auch aufzuklären.“ Darüber, dass unangekündigt Kontrollen stattfinden würden, hatte die Stadt bereits im September alle Kioskbetreiber stadtweit informiert. Mindestens zwölf aber hatten das offenbar nicht ganz ernstgenommen.
Im Ladenöffnungsgesetz des Landes ist festgeschrieben, dass Kioske sonn- und feiertags maximal fünf Stunden geöffnet sein dürfen, wenn sie Zeitungen, Zeitschriften, Backwaren oder Blumen inklusive eines begrenzten Randsortiments anbieten. Wer darüber hinaus Waren wie Getränke, Tabakwaren oder Haushaltsartikel anbietet, darf an diesen Tagen nicht öffnen. Heutzutage gibt es allerdings kaum einen Kiosk, der keine Getränke und keinen Tabak anbietet.
Die Kontrollen des Ordnungsamtes haben sich unter den Kioskbetreibern in Grevenbroich in den vergangenen Tagen herumgesprochen und einigen Ärger ausgelöst. Auch in Allrath. Dort hat Familie Alkojak vor einigen Wochen den seit Jahren im Dorf existierenden Kiosk neu eröffnet. Die Öffnungszeiten: montags bis samstags von 9 bis 20 Uhr, sonntags von 13 bis 18 Uhr, also fünf Stunden. Der Haken: Der Kiosk verfügt über ein ordentliches Sortiment – mit Getränken aller Art und einer Art „Tante-Emma-Ecke“, in der er Toast, Nudeln, Kaffee, Duschgel und mehr anbietet. Eben alles, was beim Einkauf im Supermarkt schon mal vergessen und in Allrath (ein Dorf ohne Nahversorger) folglich tagtäglich gern gekauft wird.
Mit der Öffnung am Sonntag ist genau das aber nicht mehr vereinbar. Wie Jawameer Alkojak, der den Laden gemeinsam mit seinem Vater betreibt, sagt, hat sich das Duo nun schweren Herzens dazu entschlossen, den Kiosk sonntags zu schließen – „vorübergehend“, betont Alkojak. Man arbeite an einer Lösung, wolle auch noch das Gespräch suchen. Denn der Sonntag, sagt er, sei der umsatzstärkste Tag im Dorfkiosk. Denkbar wäre, das problematische Sortiment vom Rest abzugrenzen. Wie aber soll das praktisch funktionieren? Eine schwierige Angelegenheit.
In den sauren Apfel beißen muss auch Familie Alyousef, die den Kiosk am Bahnhof betreibt. „Wir haben Post vom Ordnungsamt bekommen“, sagt Ahmed Alyousef. Man sei zwar nicht kontrolliert worden, aber durch die Kontrollen in der Branche sei unmissverständlich klar geworden, dass auch der Kiosk am Bahnhof mit seinem Sortiment (Getränke, Tabak und mehr) sonntags nicht mehr öffnen darf. Die Betreiber nehmen es hin – aber glücklich sind sie mit der Entscheidung keinesfalls. Auch Alyousef sagt, dass der Sonntag der umsatzstärkste Tag gewesen sei. Man müsse nun das Sortiment anpassen, den Laden umbauen, auch mehr Zeitungen und Zeitschriften anbieten. „Dann dürften wir aber auch nur fünf Stunden öffnen. Das ist nichts.“
Der aus Allrath stammende SPD-Politiker Philipp Bolz findet, dass das Ladenöffnungsgesetz auf Landesebene novelliert werden sollte. Im Grunde, sagt er, gehe es darum, Arbeitnehmer zu schützen. „In Kiosken arbeiten aber zumeist die Betreiber selbst, also Selbstständige.“ Bolz wirft die Frage auf, ob das Gesetz in Bezug auf Kioske noch zeitgemäß ist. In diesem Fall, meint er, überwiegen die Nachteile für Betreiber und Kunden gegenüber dem Schutzgedanken. „Vielleicht sehen sich nun manche Kioskbesitzer sogar in ihrer Existenz bedroht.“ Dem Politiker ist bewusst, dass die Stadt an dem Gesetz nichts ändern kann. Er regt aber eine „Kioskberatung“ an, in der die Stadt die Betreiber darüber informiert, was sie nun tun können – und noch einmal verdeutlicht, was sie verkaufen dürfen und was nicht.